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Am Vorabend genügt Trainer Orpheus ein Blick in den sternenklaren Nachthimmel für die taktische Ausrichtung seines Teams: die Griechischen Philosophen starten in der Perseus-Formation. Sie bietet sich schon allein deshalb an, weil der Fußballplatz auf Kithira besondere Tücken hat.
Ziemlich genau im Mittelkreis steht nämlich ein Olivenbaum. Um ihn herum, und von Tor zu Tor, schlängelt sich augiasstallmäßig ein kleiner Bach. Diesen Wasserlauf gilt es zu nutzen. Und genau das tut das Team von Orpheus. Auf Kithira spielt es immer beide Spielhälften flussabwärts.*
Thales von Milet (1) steht neben seinem Tor (die Germanen haben später in ihrem Sprachgebrauch daher die Bezeichnung ‚Torhüter‘ oder ‚Torwächter‘ übernommen). Die meisten Bälle legt er einfach in den Bach und vom Wasser werden sie früher oder später ins gegnerische Tor getragen – das nennt man dann „Spielfluß“ – so man sie nicht aus dem Bach fischt. Weil er dabei jedes Mal verkündet „das Wasser ist das Beste“ glauben auch viele das Wasser sei der Urstoff.
Der Urstoff freilich ist der Ball. Und den steuert Demokrit (6) bei. Während des Spiels demonstriert er sein neuestes Modell ‘Atomos’: ganz im inneren befindet sich ein Netz mit Olivenkernen, eingebunden in jeder Menge Schafwolle, das Ganze ist wiederum von einem Geflecht aus Ziegenleder umhüllt. Alle sind vom neuen Spielball dermaßen begeistert, dass er während der gesamten Spielzeit nicht weniger als 6 ‘Atomos’ produziert.
Dreh- und Angelpunkt des Teams ist Kapitän Sokrates (8). Unzählige Partien hat er schon zugunsten seines Teams wenden können, jede Menge Bälle aus dem Bach geangelt. Mit ein Grund, weshalb er immer barfuß spielt. Manchmal steht er einfach im Wasser und denkt über Heraklits (5) Vorgabe „Du kannst nicht zweimal in denselben Bach steigen“ nach. Platon (10) ist in ständigem Dialog mit Sokrates, selbst wenn sie nicht miteinander reden. Im Gegensatz zu seinem Lehrer trägt er Schuhwerk, was Platons Schüsse ungleich härter ausfallen lässt. Bevor er allerdings zum Torschuss ansetzt, hat er schon die Idee der ganzen Aktion. Und schießt er nicht aufs Tor, so bedient er Aristoteles (9). Bei ihm weiß man eigentlich nie genau, auf welcher Seite der Linie seine Logik verläuft – induktiv oder deduktiv, außerhalb oder innerhalb, davor oder dahinter. Er gilt als Erfinder der Abseitsregel.
Hinter dem Olivenbaum, auf der rechten Seite des Baches, finden wir die starke Dreier-Abwehrkette. Für die Gegner immer überraschend, springt Diogenes von Spilea (23) bei hohen Bällen aus seiner fassähnlichen Amphore, um hernach die Bälle dort gleichsam verschwinden zu lassen. Nach zweimaliger Ermahnung zeigt ihm der Schiedsrichter schließlich wegen Zeitverzögerung die gelbe Karte. Diogenes protestiert und ruft, er solle ihm doch einfach aus der Sonne gehen. Die damit einhergehende gelbrote Karte (Schiedsrichterbeleidigung) tut weiter nichts zur Sache. Das Spiel dauert nicht mehr lange und seine Mannschaft liegt 3:0 voran.**
Während Epikur (3) mit dem Schiedsrichter bereits Freundschaft geschlossen hat, wenngleich aus Hilfsbedürftigkeit, möchte Zenon der Jüngere (2) diesen Vorfall mit den Beteiligten bei Spielende in der Säulenhalle in aller Ruhe besprechen.
Pythagoras (4) hat unterdessen Thales (1) die Spielfeldfläche anhand einiger weniger Angaben ausgerechnet. Richtig beeindruckt hat er ihn aber mit seinen Ordensregeln wie z.B. keine Bohnen zu essen, oder nichts aufzuheben, was am Boden fällt. Die beiden beschließen daher kurzerhand, sollte eine Bohne (= antikes Synonym für Ball) die hintere Spielfeldbegrenzung verlassen, darf das Spiel nur so fortgesetzt werden, in dem eine neue Bohne in den rechten Winkel gelegt und sie ausschließlich mit dem Fuß gespielt wird. So ist das entstanden, was wir heute Eckball oder Corner nennen.
*Hinweis: auf Antikithira wird in die Gegenrichtung gespielt, nur ist dort kein Bach.
** Das Spiel der griechischen Philosophen gegen Schafe und Ziegen von Antikithira endete schließlich auch 3:0. Dreifacher Torschütze war Thales von Milet (1). Als Andenken an den ersten offiziellen Hat-trick der Fußballgeschichte durfte er sich ein neues Atomos-Modell mit nach Hause nehmen.
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