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Das erste Meisterschafts-Heimspiel einer neuen Ära. Die Star-Architekten haben ihre Plätze am Feld bezogen. Das Publikum tut es ihnen auf den Rängen gleich. Wenngleich das Stadion, aus vielerlei unverständlichen Gründen, verständlicherweise nicht rechtzeitig fertig gestellt werden konnte. Das ursprüngliche Fassungsvermögen von 100.000 Sitzplätzen, dazu weitere 70.000 Steh- und 30.000 Hängeplätze (sic!) musste für die heutige Eröffnungspartie auf eine provisorische Gesamtkapazität von 80.000 reduziert werden. Walter Gropius (5) übernahm die Gestaltung der Sitz- und Stehplätze, Mittelstürmer Calatrava (9) jene der Hängeplätze. Die VIP-Gäste schwingen lässig im Barcelona-Stuhl von Mitte-Linksverteidiger Mies van der Rohe (2).
Wettbüros haben ihre Quoten für die Fertigstellung des 425m hohen Stadionturmes, in Fachkreisen „Campionile“ genannt, ausgerufen. Setzt man auf 250 Jahre oder mehr, kann man aus 1 Euro 100 machen, attraktiver freilich ist die Quote von 1:1800 bei Fertigstellung innerhalb der nächsten 10 Jahre. Damit sich die Wettanlage auch rechnet, zahlen die Wettbüros den Jahresvolumen entsprechende Kubikzinsen.
Antoni Gaudi (10), der katalanische Spielmacher, ist nicht ganz unschuldig an der Wett-Kubatur. Er und seine heilige Architektenfamilie nehmen – und spielen – es gelassen. Traum, Phantasie, Kurven und leere Räume, das ist es, was Oscar Ribeiro de Almeida Niemeyer Soares Filho (8) am Fußball so fasziniert. Architekt Niemeyer spielt kurvige Pässe, die sich Neymar Jr. und der Rest der teuersten Fußballwelt nicht mal vorstellen können.
Zaha Hadid (11), die Top-Angreiferin, hatte maßgeblichen Einfluss auf die Spielfeldgestaltung, fing doch im Parametrismus mit der Diagonale alles an: „An der Diagonale entzündete sich die Idee von der raumerneuernden Explosion. Das war die entscheidende Entdeckung“. So ist auch die Konstruktion des Spielfeldes zu verstehen. Eine einfache Änderung in der Teilung der beiden Spielhälften, die von AFIF (Architectes Fédération Internationale de Football, Sitz in Genf) schließlich auch zugelassen wurde, führte zu dieser eigenartig anmutenden, aber doch vielversprechenden Grundrissgestaltung.
So sind wir denn alle gespannt, wie sich die heutige Gastmannschaft auf die neuen Raummöglichkeiten eingestellt hat. Denn die Star-Architekten konnten alle Vorbereitungsspiele klar für sich entscheiden. 34: 0 lautete das Torverhältnis in nur 3 Spielen. Fairerweise muss dazugesagt werden, dass mit den Französischen Philosophen, Rum Doodle XI und den Berühmten Dirigenten nicht gerade die stärksten Mannschaften für die Tests eingeladen wurden.
Auch die Schiedsrichterteams hatten so ihre liebe Not. Die Linienrichter mussten in allen Spielen nachbesetzt werden, weil sie weder mit den Laufwegen noch der langen Abseitslinie klar gekommen sind. Deshalb entsandte die AFIF (Sitz in Genf) zum heutigen Eröffnungsspiel gleich einen Kader von insgesamt 22 erfahrenen, zumindest postmodernen Schiedsrichtern.
Die Eckfahnen von Renzo Piano (6) gleichen einer Miniaturausgabe von ‘The Shard’, außer eine, die ist nach Flügelstürmer Wrights (7) ‘Burj Khalifa’ nachempfunden. Den Rasen hat Tadao Ando (3) höchstpersönlich im ‚Meereswald‘, Tokio, hochgezogen. Die Dressen der Stararchitekten stammen übrigens von Aino Aalto. Einst konnte sie damit einen Design-Wettbewerb gewinnen und setzte sich dort auch gegen ihren Mann Alvar Aalto (4) durch, der eine Vase eingereicht hatte.
Tormannlegende Le Corbusier (1) realisierte derart gefinkelte Tore, die nicht zuletzt aufgrund der diagonalen Rasenschraffierung zu perspektivischen Veränderungen führen. Je mehr sich die Angreifer dem Tor nähern, umso kleiner erscheint es. Mit diesem einfachen Wahrnehmungstrick wird seinem Team wohl auch in der ersten offiziellen Stadioneinweihung ein Sieg gelingen.