[See all Postcards | See all Teamsheets]
Als man in der österreichischen Bundeshauptstadt um 1900 herum professionell zu Fußballspielen begann, war Wien die fünftgrößte Stadt der Welt. Mit enormem Zuzug aus aller Herren Länder. Das brachte neue Talente und im Laufe der Jahre eine eigenständige Wienerische Fußballsprache.
Fachbegriffe aus dem Mutterland des Fußballs wurden rasch eingebürgert. Der „Cup“-Bewerb wurde bald als „Köp“ ausgesprochen, der Linienrichter (heute Schiedsrichterassistent) wurde zum „Outwachla“, aus „Corner“ wurde „Koanna“, was früher schon westlich von Linz mitunter Kopfschütteln auslösen konnte und von München bis Hamburg immer noch Eckball oder Ecke heißt. Wird ein Spieler im gegnerischen „Sechzehner“ gefoult, schreit man in Wien reflexartig „Öfa!“, was im deutschen Sprachraum sonst Elfmeter, Strafstoß oder selbst Penalty heißt. Drängt ein Heimteam auf den Ausgleich, es schaut dabei aber bloß ein Eckball nach dem anderen heraus, kann es schon vorkommen, dass die Menge am Fußballplatz lauthals dem „Schiri“ eine sofortige Regeladaption auf „Drei Koanna – a Öfa!“ abverlangt.
Das Wienerische bietet nicht nur wunderbare Wortkreationen und oft rein in der Auslegung von Sprachmelodie und Tonfall komplett unterschiedliche Bedeutungen – auch die Namen der Fußballer in Wien sind einzigartig. Bis weit in die 50er Jahre hinein bestand das österreichische Nationalteam fast ausschließlich aus („zuagrasten“) Wienern. Legendär sind die Spitznamen der im österreichischen Fußball erfolgreichsten Spieler aus den 30er und 50er Jahren.
Karl Sesta (Sesztak), Linker Außendecker des gefeierten Wunderteams, später auch ein beliebter Wienerliedsänger, wurde „Der Blade“ (4) gerufen. Berühmt geworden ist auch seine Antwort zu Prinz George (dem späteren First Duke of Kent): „Sie hom owa a ka schlechte Hockn“.
Noch lange bevor „Aschyl“, oder „Der Zauberer“, als Trainer mit den Niederlanden Vize-Weltmeister wurde, und noch vor Österreichs dritten Platz bei der WM 1954, war Ernst Happel (3) schon der „Wödmasta“. Dieser Titel ist ihm bis zu seinem Tod geblieben und geht auf seinen Auftritt beim 6:1 von Rapid über den FC Arsenal in einem Benefizspiel in Brüssel 1953 zurück.
Tormann Walter Zeman (1) nannte man zunächst den „Panther von Glasgow“, ehe er wenig später als „Tiger von Budapest“ 1953 in die Weltauswahl berufen wurde, weil der die Sturmangriffe der wohl allerbesten ungarischen Auswahl mit seinen Paraden zunichtemachte.
Als „Gschropp“ wurde er wohl aufgrund seiner Körpergröße von 169 cm bekannt, er war 1953 ebenfalls in der Weltauswahl und machte damals auf der Position des linken Außenverteidigers vor, was Roberto Carlos oder Marcelo später bei Real Madrid zeigen soll(t)en: Gerhard Hanappi (2), auch als Architekt des nach ihm benannten Rapid-Stadions ein Begriff.
Mit Erich „Mopsi“ Probst (11), er traf bei der WM 1954 gleich 6 mal, und dem genialen Stanglpassgeber am rechten Flügel Robert Körner (“Körner 1”), den sie „Gsöchta“ (7) riefen, stehen gleich zwei weitere Rapid-Legenden in Österreichs Team.
Ernst Ocwirk (6) hingegen, der „Käptn“ des erfolgreichen 54er Teams, war von der Wiener Austria. Der „Ossi“ war eine Erscheinung am Rasen und zudem 1953 wie 1955 auch Kapitän der Weltauswahl. Mittendrin auch der Wacker Wien Star Theodor Wagner (8). Der Meidlinger ist für alle schon der „Turl“ gewesen, bevor er in der Hitzeschlacht von Lausanne drei „Türl“ geschossen hat.
Und was wäre die Weltauswahl ohne Wunderteamspieler?
„Poldl“ Leopold Hofmann (5) galt lange Zeit als der „Centerhalf“ Spieler von Wien. Abwechselnd mit Pepi Smistik geigte der Regisseur der (First) Vienna in der Österreichauswahl der 30er Jahre.
„Der Papierene“ (10) wurde Matthias Sindelar schon bei seinem Jugendclub ASV Hertha in der Quellenstraße genannt. Österreichs Jahrhundertfußballer zelebrierte das technisch versierte, körperlose Spiel. Seinem gepflegten Scheiberlspiel folgten aber auch Tore. Fans und Journalisten erzwangen von Verbandskapitän Hugo Meisl Sindelars Wiedereinberufung in die Österreichauswahl – das sogenannte „Schmieranski“-Team wurde gleichsam zur Geburtsstunde des Wunderteams.
Die Wiener Weltauswahl ist beinahe komplett: benannt nach dem Hauptdarsteller aus dem Film „Der Wirbelsturm“ wurde aus Rapid-Ikone und Österreichs bestem Allzeitstürmer Franz Binder (9) schlicht der „Bimbo“ Binder. 421 Tore in 347 Pflicht- und Länderspielen erzielte der gebürtige St.Pöltener , diese Quote bleibt wohl auch für Messi oder Cristiano Ronaldo unerreicht – ein Weltrekord.