Aus der FIAA Reihe Historische Teams: Elektra Dresden 1909

Keine andere Opernfußballmannschaft erreichte im Graben der Sächsischen Hauptstadt eine größere Lautstärke als jenes Team von Richard Strauss zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Tutti der Schlussakkorde im dritten Heimspiel waren bis nach München und Wien zu hören. Daher benannte man den Club noch im selben Jahr in ‚Elektra Dresden‘ um.
Erst viel später, der Meister lag da schon unter der Erde, formierte sich in der Stadt ein erfolgreicheres Team, das als ‚Dynamo Dresden‘ in die Fußballannalen eingehen sollte.
Man stelle sich nur vor, das Weltgeschehen hätte einen anderen Lauf genommen. Gut möglich, dass dann im Europapokal der Landesmeister 1978/79 im Viertelfinale nicht ‚Dynamo Dresden‘ auf ‚Austria Wien‘, sondern eben ‚Elektra Dresden‘ auf ‚Rosenkavalier Wien‘ getroffen wäre.
Treffsicher war das Team von Pultmeister Strauss immer. Mit zwei so talentierten wie renommierten Mittelstürmern spielte es sich auch leicht. Orest (9) war für seinen Torriecher und Killerinstinkt gefürchtet. Die Erinnyen verfolgten ihn damals wie es heutzutage unliebsame Fans des einstigen Muttervereins bei einem Spieler tun. Bildete er früher mal ein Traumgespann mit Pylades, so war fortan Octavian (13), Top-Schürzenjäger der Saison 1910/11, sein kongenialer Partner im Zentrum.
Überhaupt waren vier Angreifer bis vor 100 Jahren keine Seltenheit. Im legendären Rückspiel auf Naxos 1912 hatten die beiden Flügelstürmer eine besondere Szene: Flamond (22) bediente mit einem genialen Wurf über 40m Bacchus (11), der noch vom vorigen Duell mit Circe mit einem Brummkopf im Abseits (bei einem Einwurf aber eben nicht!) dahintorkelte, den Ball zur Überraschung aller aber aus der Drehung volley nahm und direkt ins Kreuzeck zirkelte. Dieses sehenswerte wie wichtige Auswärtstor sicherte den Einzug ins Halbfinale der Komponisten-Superleague und sorgte nicht nur für Freudentänze seiner damaligen neuen Flamme Ariadne.
Durchwegs alle Offensivspieler waren bei den Frauen erfolgreich. Glück im Spiel, Glück in der Liebe, könnte man sagen. So auch für den Regisseur des Teams, Matteo (6), der besonders vom Fiaker-Ball profitierte. Der Hintermannschaft hingegen fehlte diese Fortune, am Rasen und bei den Frauen. Sie agierten entweder zu plump und patschert, Baron Ochs (4) etwa, oder konnten sich aus den Fängen der Gattin und Tochter kaum befreien, wie der linkische Verteidiger Herodes (3). Der Kapitän des Teams, Sir Morosus (1) wollte ohnehin immer nur eine schweigsame Frau – und nichts anderes. Deshalb hütete er auch das Tor wie seinen Augapfel.
Die Stärken wie Schwächen der Mannschaft wären damit charakterisiert, die Chancen und Risken am Spielfeld definiert: die Tore, die man vorne nicht schießt, bekommt man hinten. Eine alte Fußballerweisheit, die offensichtlich auf das unausgewogene Team des Musikdramatikers Strauss zurückzuführen ist.