[See all Postcards | See all Teamsheets]
Unter kräftigem Applaus nehmen die berühmten Dirigenten ihre Position ein. Und das ist gar nicht so einfach. Es herrscht nämlich dichter Nebel im Londoner Royal Soccermonic Theatre. Intuitiv wenden sich die ‘Götter im Frack’ ab, nur diesmal eher von sich selbst, und nicht vom Publikum. Es bleibt daher abzuwarten, wie diese taktische Formation bestehen kann. Im Finale des 3. Satzes, kein Scherz, sollte sich der Nebel aufgelöst haben, so sieht es jedenfalls die Wetterpartitur vor.
Aus dem dichten Nebel leuchten zwei weiße Punkte. Es sind die weit aufgerissenen Augen des Sechsers, Harnoncourt, er versucht sich so ein zeitgetreues Bild durch den barocken Interpretationsdschungel zu machen, sein Antlitz im Kamerazoom lässt dabei so manchen Fernsehzuschauer zurückschrecken.
Das Publikum vor Ort indes bleibt ruhig. Man lehnt sich zurück. Hinten kann ja auch nicht viel passieren, stehen doch immerhin zwei der größten Meister in der Kapelle. Der eine neben der ersten Stange (1) der andere neben der zweiten Stange (11). Dieser mit Blick zum Chor der Ultras, die ihn wiederum aufgrund des Nebels nicht direkt sehen können, sondern nur seine Geistesblitze wahrnehmen.
Die Verteidigung bilden zwei Italiener, der eine (3) ist direkter Nachfolge in vierter Generation aus der Liaison von Cavaradossi mit seiner Opernsängerin, der andere (5) war nicht nur Namensgeber einer schwedischen Pop-Band, sondern gilt seit seiner Mailänder Zeit auch als das größte Vorbild von Paulo Maldini. Nach vorne bewegen sich die beiden Verteidiger nur seitwärts. Eine Rückwärtsbewegung bedeutet bei ihnen immer die Mitte dicht zu machen. So gelten sie als Innen- und Außenverteidiger zugleich. Eine Defensivtaktik, die auch Hugo Meisl gefallen hätte.
So bleiben nicht weniger als sieben Glorreiche für das dynamische Offensivspektakel. Ein Glück, dass sie sich blind verstehen und das Scheiberlspiel mit dem Ferserl beherrschen. Das Duo “Rattle & Solti” sticht dabei mit ihrem permanenten Doppelpass-Fersler heraus. Deshalb werden sie auch von den Kollegen „Sir“ gerufen. Den einen (10) mit einer lang gehaltener “i“-Fermate, den anderen (20) mit einem kurzen „ö“, etwa wie wenn Ernst Happel vom gewonnenen „Cup“ spricht.
Der Gegner tut sich im Nebel natürlich auch nicht leicht. Ihr Tormann kann beim ersten Treffer das Genie Barenboim (7) nicht rechtzeitig erkennen. Und obwohl er kurz vor Lennys Hat-trick schon weiß, dass es sich bei dessen ‚Alpha-Bravo-Foxtrott-Whiskey‘-Rufen nicht um einen Pilotenfunkspruch handelt, kann er das dritte Goal des Amerikaners nicht verhindern. Mit dem Abpfiff überreicht ihm der gegnerische Kapitän nach erstem Handshake eine Zigarette (Marke Foxtrott) und einen doppelten Whiskey.