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Für manche ist die Welt eine Scheibe. Erst recht für Vinylfans unter den Musikkennern. Sie wissen, ebenso wie Fußballtrainer, dass es nicht so einfach ist, Plattenspieler in die geeignete Position zu bringen und richtig abzustimmen.
Über technische Finessen verfügen alle Plattenspieler. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Fußballspieler ist zudem eine hohe Standfestigkeit gefragt. Linksaußen AS Bubinga (13) wird vom schwedischen Trainer Vinnil Nyberg äußerst bedacht nahe der Cornerfahne platziert, zudem auf dem zugehörigen Soundboard. Wenn man, wie er, der Meinung ist, das Spielfeld stünde auf vier Elefanten, die wiederum auf einer Schildkröte, könnte man davon ausgehen, dass dieser Platz an Stabilität im Universum nicht zu übertreffen ist.
Und die Eckscheiben von Bubinga sorgen immer für große Gefahr vor dem gegnerischen Tor. Allerdings ist der Effet dieser Hereingaben für die eigene Mannschaft nicht immer so einfach zu berechnen. Mal kommen die Flanken mit 33, mal mit 45 RPM. Man muss den eigenen Teller dann rechtzeitig ebenso schnell drehen lassen. Komischerweise kommt Thorens TD 550 der Tormann (5) damit am besten zu recht, weshalb er bei allen Ecken mit vorne ist. Und wenn Thorens einmal zum Sprung ansetzt und seine Haube hebt, braucht er eigentlich nur mehr einzunicken. Sein gezieltes Timing bleibt unerreicht. Die meisten Scheiben dreht allerdings Mittelstürmer Project RPM (9) ins Tor. Seine Fans nennen ihn einfach nur Heinzeee, mit langem e wie bei Hanseee Krankl.
Lange vor Krankls Stürmerkarriere wurde in Österreich bekanntlich das Scheiberlspiel erfunden. Das schnelle Kurzpassspiel beherrscht auch das Mittelfeld der Plattenspieler. Einzig die Rückennummern sorgen bei den Gegnern immer wieder für Verwirrung. Zu schnell verdrehen sie sich die Augen, wenn die Platten zwischen den Nummern 12 (Linn LP), 2 (Dual), 10 (Rega RP), 1 (Acoustic Signature WOW XL) und 1210 (Technics SL) rotieren. Gegen den letztgenannten Spieler beschwert sich die Konkurrenz immer wegen seiner vierstelligen Rückennummer. Der japanische Mittelfeldmotor mit Direktantrieb argumentiert, er könne sich einfach nicht zwischen der 10 und der 12 entscheiden. Und weil die Fußballscheibenerfinder aus England (10) und Schottland (12) nichts dagegen haben, sind auch alle bisherigen Proteste gegen den Technics SL abgelehnt worden.
Im Perpetuum Ebner 4040 (40) sehen die Reporter von Stereoplay einen Spieler „der mit Spielfreude, räumlicher Stabilität und straffem Bass glänzt“. Ob Bass oder Pass, ein echter Sechser jedenfalls, aus edlem Holz geschnitzt. Der eben eingewechselte Mitspieler mit der Nummer 4 – atmo sfera – verfügt über die Besonderheit keinen Plattenteller zu besitzen, stattdessen eine abgeplattete Kuppel. Die Platten schweben nahezu auf seinem Fuß, weshalb beim kleinen Italiener alles so leicht aussieht.
Ganz anders der rechte Verteidiger, Clearaudio Master Innovation (45), er ist nicht nur ein Pfundskerl mit seinen knapp 60kg Kampfgewicht, sondern auch derjenige, der die Mannschaftsanweisungen ausgibt. Der Tangentialspieler tut nur so, als würde ihn das Spiel nichts angehen. Dabei ist er taktisch ausgefuchst, und dreht manchmal sogar in 78 RPM. Einzig seine schiere Unbeweglichkeit macht ihn zu schaffen. Daher dirigiert er bei der Abseitsfalle auch immer Thorens den Tormann (5) aus dem Kasten, gefinkelt und überraschend für alle Gegenspieler. Doch sind sie darauf vorbereitet, stellt ein leeres Tor natürlich eine große Gefahr dar.
So kann es dann und wann schon vorkommen, dass sie ein paar Platten im Laufe der 90 Minuten sammeln.