Was Weltfußballer mit einer Geschichte über die Befreiung Jerusalems zu tun haben. Eine namenstheoretische Betrachtung.
Die besten Fußballer haben die besten Namen. Und umgekehrt, nur mit dem richtigen Namen kann man auch Top-Karriere im Profifußball machen. Die Namenstheorie ist eines der wesentlichsten Erklärungsmodelle für außergewöhnliche Leistungen im Fußball. Doch welche sind die besten Namen? Gibt es einen bestimmten unter den besten Namen?
Das lässt sich zwar leicht beantworten, aber so einfach dann doch wieder nicht.
Trotzdem, nehmen wir der Einfachheit halber die Liste der FIFA-Weltfußballer zur Hand (lassen wir mal Ballon d’Or außer Acht). Die Weltfußballer werden über ein Punktesystem der von den Trainern und Kapitänen der Nationalmannschaften nominierten Spieler ermittelt. Seit 1991 wird diese Auszeichnung verliehen. Von den insgesamt 14 Gewinnern tragen 3 Spieler den gleichen Namen:
RONALDO.
Die vollen Namen der drei Preisgekrönten:
Ronaldo Luís Nazário de Lima, auch bekannt als „Ronaldo“ oder „Ronaldo Fenomeno“
Ronaldo de Assis Moreira, besser bekannt als „Ronaldinho“ oder Ronaldinho Gaúcho“
Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro, auch bekannt als „Cristiano Ronaldo“ oder einfach „CR7“
Nicht weniger als 10 der insgesamt 27 Trophäen heimsten diese drei Spieler bisher ein. Man könnte also getrost behaupten, Ronaldo sei der beste aller Fußballernamen.
Doch was hat es mit den auffällig zufälligen Titelanhäufigen des Namens Ronaldo auf sich? Was steht dahinter? Schwenken wir dazu kurz unseren Blick von der Fußballbühne auf die Theater- und Opernbühne der vergangenen Jahrhunderte.
Im Jahr 1581 erscheint Torquato Tassos „La Gerusalemme Liberata“ (Das befreite Jerusalem). Eine Geschichte über Kreuzritter und die Rückgewinnung des heiligen Grabes aus den Händen der ‚Ungläubigen‘. Jener tapfere, jugendliche und in weiterer Folge als unbesiegbar geltende Held in diesem Epos heißt:
RINALDO.
Die Prinzessin und Zauberin des sarazenischen Feindes, Armida, will ihn zunächst töten, verliebt sich jedoch in Rinaldo. Nur dadurch kann der Zauberbann gebrochen und Jerusalem erobert werden.
Über 400 Jahre hindurch hat die westliche, abendländische Kultur Zeit den Namen dieses christlichen Helden im kollektiven Bewusstsein zu verankern. Etliche Bühnenwerke, vor allem im 18. Jahrhundert, beruhen auf diesem Sujet und beleuchten die Geschichte von Rinaldo und Armida. Opern von Lully, Händel, Haydn, Gluck, Rossini oder Dvořak, um nur einige Komponisten zu nennen, sorgten für die emotionale Aufladung des Namens Rinaldo im kollektiven europäischen Gedächtnis.
So gesehen ist es kein Wunder, dass uns der Name dieses Kreuzritters heute so häufig unter den weltbesten Fußballern begegnet. Wenngleich in anderer Form – mit abgewandelter Silbe: „Ro“ statt „Ri“. Doch Verwechslungen und leichte Änderungen sind bei einem Gedächtnis eher Regel als Ausnahme. Selbst der Name des Spielers des Jahrhunderts entstand durch nichts anderes als eine Silbenumwandlung. Auf FIFA.com ist in einem lesenswerten Artikel über brasilianischen Fußballernamen nachzulesen wie aus „Bilé“ – „Pelé“ wurde.
Als eine Kurzform von Ri- oder Ronaldo gilt übrigens „Naldo“. Der vermeintlich bekannteste „Naldo“ ist der aktuell beim Schalke 04 spielende Abwehrchef Ronaldo Aparecido Rodrigues. Und auch der bislang im Weltfußball treffsicherste Verteidiger (193 Tore in 534 Erstligaspielen in Spanien und den Niederlanden) trägt den Namen Ronaldo. Allerdings ohne „o“ am Schluss, was als Holländer nicht so unüblich ist. Gemeint ist natürlich Ronald Koeman.
Ronaldo ist im Fußball eine Größe. Zur Zeit der am hellsten leuchtende Stern unter den Fußballernamen.
Cristiano Ronaldo wird seinen aktuellen Titel zum FIFA-Weltfußballer auch eher seinem Namen, denn seiner Saisonleistung zu verdanken haben. Mit diesem Namen sind weitere Auszeichnungen zu erwarten. Vielleicht wird er ja auch noch eines Tages zum Ritter geschlagen…